Teilprojekt 18

Umsetzung des TP 18 an der BBS Wirtschaft I

Die BBS Wirtschaft I – schwerpunktmäßig das Wirtschaftsgymnasium – nimmt im Rahmen des LemaS-Projekts am TP 18 im Fach Englisch teil. Das Teilprojekt trägt den Titel „Diversi-tätssensibles Lernen mit komplexen Lernaufgaben im Fremdsprachenunterricht des Fachs Englisch“. Die BBS Wirtschaft I ist neben dem Regino-Gymnasium Prüm die einzige Schule in Rheinland-Pfalz, die an diesem bundesweit durchgeführten Projekt teilnimmt. Insgesamt nehmen am Englisch-Projekt 17 weiterführende Schulen aus verschiedenen Bundesländern teil.

Worum geht es generell?
Das Teilprojekt Englisch wird geleitet und betreut von Prof Dr. Wolfgang Hallet und Jan Si-mon Schäfer vom Institut für Didaktik des Englischen an der Universität Gießen, die ein be-sonderes didaktisches Konzept entwickelt haben, mit dem es möglich ist, den Englischunter-richt für eine zunehmend heterogenere und diversere Schülerschaft so zu gestalten, dass die ganz verschiedenen Leistungspotenziale der Schülerinnen und Schüler besser erkannt und gefördert werden können. Im Zentrum dieser didaktischen Konzeption steht die komplexe Kompetenzaufgabe, die sich durch folgende Merkmale auszeichnet:
Sie orientiert sich sehr stark an Situationen und Herausforderungen, die sich an realistischen Situationen und Herausforderungen orientiert, wie sie sich eben auch im wirklichen Leben unserer Schülerinnen und Schüler stellen, d. h. ganz konkreten komplexeren Kommunikati-onssituationen wie beispielsweise bei einer Bewerbung um einen Praktikumsplatz im Ausland (Entwurf eines Interessenprofils, Recherchieren eines passenden Praktikumsplatzes, Verfassen einer Bewerbung per E-Mail, Verfassen eines Lebenslaufs, Bestehen eines Job-Interviews, Schreiben eines Kurzberichts über das Praktikum, Führen einer Pro-Contra-Diskussion zu Praktika im Ausland usw.)
Im Unterschied zum „Normalunterricht“, der zwar immer handlungs- und kompetenzorientiert ausgerichtet ist, sich in der Regel aber an vom Englischkollegium ausgearbeiteten und ver-bindlichen Lernsituationen im Arbeitsplan orientiert, ist die komplexe Kompetenzaufgabe deutlich offener angelegt und bietet mehr Spielräume für Schülerinnen und Schüler: Innerhalb eines von der Lehrperson im Vorfeld mit den Schülerinnen und Schülern abgesprochenen Rahmens, der bestimmte Kompetenzziele und zentrale Themen und Inhalte festlegt und allen eine Orientierung bietet, können die Schülerinnen und Schüler sehr individuelle Schwerpunkte setzen und selbstständig auch die Wege mitbestimmen, auf denen sie bestimmte Kompetenzen weiterentwickeln wollen.

Inwiefern führt die komplexe Kompetenzaufgabe zu einer individuelleren Förderung der verschiedenen Leistungspotenziale der Schülerinnen und Schüler?
Leistungsstärkere Schülerinnen oder Schüler werden von der komplexen Kompetenzaufgabe aufgrund der hohen Eigeninitiative und Selbstverantwortung ohnehin profitieren, da sie sich eigene Ziele setzen und unabhängigere Wege dahin wählen können. Wichtiger ist aber, dass der solide Rahmen durch die klar geregelte Organisation, allen Schülerinnen und Schülern eine größere Sicherheit gibt und eine Basis dafür schafft, entsprechend den eigenen Interes-sen sich auch mal auf individuelles, ungewohntes Terrain zu begeben. Zusätzlich sind ver-schiedene Unterstützungsangebote, sogenannte „Scaffolding“-Angebote zentral. Jede/r Ler-nende kann davon ausgehen, dass er die für sein besonderes Vorhaben erforderliche Unter-stützung erhält, z. B. in Form von Inputmaterialien wie Bildern, die das Textverständnis er-leichtern, Unterstützung bei der Strukturierung der Arbeitsschritte, gezielten Hinweisen zur Bearbeitung und zur Benutzung von Hilfsmitteln, Bereitstellung sprachlicher Mittel etc. Dadurch ist jede/r Lernende in der Lage, sich nach seinen Interessen ein Ziel zu setzen und ein entsprechendes Produkt anzustreben, ohne permanent das Gefühl haben zu müssen, dabei völlig auf sich gestellt zu sein und Angst vor einem Scheitern haben zu müssen.
Diese Sicherheit versetzt auch Schülerinnen und Schüler, die sich selbst als „schwächer“ einschätzen, in die Situation, neue Interessen und Potenziale zu entdecken, die zuvor den Lehrerinnen und Lehrern, den Mitschülerinnen und Mitschülern und oft auch und vor allem ihnen selbst nicht bewusst waren!

Umsetzung des Konzepts der komplexen Kompetenzaufgabe am Wirtschaftsgymnasium
Nach eingehender Beratung durch Prof Dr Wolfgang Hallet und Jan Simon Schäfer im Früh-jahr und Herbst 2019 sieht die bisherige Planung für die BBS Wirtschaft I so aus, dass das TP 18 in der Klassenstufe 11 des Wirtschaftsgymnasiums, im Zeitraum zwischen Oster- und Sommerferien, d.h. zwischen April und Juni 2020 durchgeführt wird.
Die Fachkolleginnen und –kollegen haben dazu eine komplexe Kompetenzaufgabe zur Lern-situation „My gap year in 2022 – Applying to work abroad“ geplant, mit dem hauptsächlichen Kompetenzziel, dass die Schülerinnen und Schüler sich im Englischunterricht auf eine realis-tische Situation und deren Bewältigung in der Fremdsprache Englisch vorbereiten: Die Be-werbung um einen Praktikumsplatz oder die Teilnahme an einem Gap-Year-Programm im englischsprachigen Ausland. Als Reaktion auf ein Praktikumsangebot sollen die Lernenden dabei einen „letter of application“ oder einen „letter of motivation“ verfassen, in dem sie be-gründet darlegen, warum sie gerade dieses Auslandspraktikum machen bzw. an diesem Programm teilnehmen möchten und warum sie die geeignete Kandidatin bzw. der geeignete Kandidat dafür sind. Ziel nach einem längeren selbstgesteuerten und durch „Scaffolding“ unterstützten, Lese-, Recherche-, und Schreibprozess ist die Fertigstellung eines Bewer-bungsschreibens in englischer Sprache, das sich auch in der „realen Welt“ nutzen ließe und die Vorstellung dieses Entwurfs in der Zielsprache vor der Klasse mit anschließender Feed-backrunde.

„My gap year 2022“ im Rahmen des LemaS-Teilprojekts
Das Forscherteam aus Gießen wird unsere Schule während der nach dem Konzept der komplexen Kompetenzaufgabe durchgeführten Unterrichtseinheit „My gap year 2022“ besu-chen und in einer der 11. Klassen in einer Unterrichtsstunde die Durchführung der Aufgaben videographisch aufzeichnen und danach analysieren und wissenschaftlich auswerten. Zu-sätzlich werden Befragungen und Interviews mit Akteuren der Schulgemeinschaft durchge-führt, die einen vertieften Einblick in Arbeitsprozesse, den Lernergebnisse und – das ist mit Blick auf LemaS der Hauptschwerpunkt – die leistungsmotivierenden und -fördernden Po-tenzialen ermöglichen. Letztlich soll die wissenschaftliche Begleitung und empirische Unter-richtsforschung den Schülerinnen und Schülern, den Lehrenden und unserer Schule insge-samt dabei helfen, die Qualität des Fremdsprachunterrichts weiterzuentwickeln, zu optimieren und in einer immer heterogener und pluralistischer werdenden Welt zukunftsfähig zu machen.

Marc Lenk